Fürther Straße

Mit der Fürther Straße besitzt Nürnberg, was ihre Er- streckung und Breite und die Höhe der begleitenden fünf- bis sechsgeschossigen, über weite Strecken noch gründerzeitlichen, Bebauung (jedenfalls für die ersten Kilometer) angeht, einen Straßenraum von tatsächlich weltstädtischen Ausmaßen. Das Profil der Straße entspricht dem der Kantstrasse oder des Kurfürstendammes in Berlin, oder dem Pariser Boule- vards; die Leopoldstraße in München ist bereits schon deutlich kleinräumiger.  Dieses versteckte städtebauliche Juwel (keine fränkische Schöpfung, sondern dem Weitblick des preußischen Ministers Hardenberg zu verdanken) ist für eine Stadt unserer Größe - in keiner ähnlich großen europäischen Stadt findet sich so etwas - einzigartig.    

Leider zeigt sich diese großartige Strasse heute in geradezu erbärmlichen Zustand, so als schäme sie sich ihrer Großzügigkeit: Zwischen bodendeckerge- füllten Hochbeeten, in denen die vergilbten Licht- kuppeln der U-Bahnhöfe versteckt sind und unbe- schreiblichen Massen überflüssiger "Straßenmöbel" mäandriert eine viel zu schmale Fahrbahn in unzäh- ligen Verschlingungen. Ein Musterbeispiel für kleinka- riertes Kaputtplanen.

Was könnte man aus dieser Straße - wenigstens aus dem drei Kilometer langen Abschnitt vom Plärrer bis zum Justizpalast - machen, beseitigte man diesen ganzen Planungsmüll der 70er Jahre: Eine geradlini- ge Fahrbahn in der Mitte, begleitet von hohen Kan- delabern, beiderseits doppelte Alleebaumreihen, breite gepflasterte Gehwege zum Flanieren mit viel Raum für Ladenauslagen und Straßencafès. Das ganze nur sparsam aber stimmig und konsequent möbliert. Die Fürther Straße könnte die Nürnberger Leopoldstraße oder der Nürnberger Kurfürstendamm werden, eine lebendige, tags und nachts pulsieren- de Ader urbanen Lebens. Unserer Stadt (wir erin- nern uns, vor einigen Jahren titulierte der "Spiegel" sie noch als die langweiligste Großstadt Deutschlands) fehlt so etwas. Sicher würde es einige Zeit, vielleicht zwei, drei, vier Jahre, dauern bis dort Großstadteben blüht, aber die baulichen Voraussetzungen müssen zuvor durch die Stadt geschaffen werden.

Straßenraum

Traurig: Heutiger Zustand

 

Die Fürther Straße morgen?

 

Bahnhofsplatz

Der Bahnhofsplatz - eine typische Fehlplanung der 70er Jahre - ist keine Visitenkarte für uns. Zigtausende Reisende und Pendler beträten die Stadt täglich über diesen Platz, würden sie nicht gleich am Ende des Bahnsteigtunnels durch eine Rolltreppenanlage, die die gesamte Bahnhofshalle verstellt, in das zu- gige Verteilergeschoss unter dem Bahnhofsplatz ver- schluckt. (Das großartige Hauptportal des gerade renovierten Gründerzeitgebäudes ist also nur noch funktionslose Kulisse).  

Das Zentrum dieses Platzes - der ansonsten nur noch aus Fahrbahnen und ungepflegtem Restgrün dazwi- schen besteht - ist vom Bahnhof her nur über die orange gekachelte Unterwelt zu erreichen und zu einer ungestalteten Verkehrsinsel degeneriert. 

Dort fristet ein rostender Stahlpavillon aus den 60er Jahren sein trauriges Dasein zwischen Werbeunter- ständen und hölzernen Brezenhäuschen. Ein Sammel- surium an Stadtgerümpel. Traurig.

Und wer den Weg mit der Straßenbahn fortsetzen muss, darf hoffen dass es gerade nicht regnet; an ein Bahnsteigdach hat nämlich niemand gedacht. Empfängt so eine Stadt, die einmal Kulturhauptstadt Europas werden wollte, ihre Gäste?

Entrée zur Stadt? 

Oder nur Verkehrswüste mit Lagerplatz 

Keine Einfache Aufgabe. Ein Verweilplatz kann aus dem Bahnhofsplatz freilich nie werden. Das wäre auch völlig falsch. Aber auch einen Verkehrsplatz könnte man ansprechender - vor allem aber groß- städtisch - gestalten.

Inzwischen gab es zum Bahnhofsplatz einen Archi- tektenwettbewerb.  Unser Vorschlag (3. Preis)

Hauptbahnhof-Südseite

Ein Teil des Platzes vor dem Südausgang des Haupt- bahnhofes heißt "Hinterm Bahnhof". Die Namensge- bung ist bezeichnend und treffend. Bis heute ist der Südausgang Hinterausgang geblieben. Man tritt auf einen vernachlässigten und unbeschreiblich häss- lichen Platz, dabei könnte dies doch das Tor zur Süd- stadt sein (immerhin wohnen südlich der Bahnlinie mehr Bürger als nördlich davon).  

Eine städtebaulich absolut vergleichbare Situation fand sich früher in Düsseldorf. Dort hat man sich des Problems bereits vor 15 Jahren angenommen. Die Rückseite des Hauptbahnhofes wurde dort zu einem gleichwertigen zweiten Zugang umgestaltet, sie er- hielt einen angemessenen Eingang, der Vorplatz wurde fußgängerfreundlich neu gestaltet und erhielt eine repräsentativ gestaltete Platzrandbebauung. Heute ist dieser einst gemiedene Bereich eine ange- sagte Büroadresse und die Umgestaltung hat den gesamten angrenzenden Stadtbereich (Oberbilk) im Umgriff von fast einem Kilometer aufgewertet.

Solche Impulse täten auch der Südstadt gut. Die Neugestaltung des Bahnhofszuganges mit einem ansprechendem Gebäude, das den Blick auf den Bahndamm verstellt (bei Öffnung des Mitteltunnels nach Süden) im Zusammenwirken mit der angemes- senen Neugestaltung der Platzfolge Celtisplatz /Mandelaplatz /Hinterm Bahnhof und der oberen Pillenreuther Straße könnte eine Initialzündung für die Südstadt sein.

Hauptbhf-Südausgang: 

Muss der Eingang zur Südstadt so aussehen?

Masterplan Düsseldorf-Hbf. Ostseite/Oberbilk (Entwurf Prof. Deilmann, Münster)

Plärrer

Der Plärrer, im Norden an die Altstadt grenzend, im Süden und Westen an Gostenhof, verkehrsreichster Platz Nürnbergs, Verteiler für Fernstraßen, Ausgangs- punkt der Fürther Straße, Kreuzungspunkt der U-Bahn, Straßenbahnknoten, war immer ein lauter, lebhafter, hektischer Platz, ein Platz der nie zur Ruhe kommt. Seine Unruhe ist wirklich großstädtisch.  

   

Was läge näher als diese Charakteristika städtebau- lich weiter auszuarbeiten? Die Randbebauung könn- te - besonders zur Fürther Strasse hin - allerdings noch etwas höher sein, zwischen ihr und den platzumkrei- senden Fahrbahnen sollten geschlossene Baumreihen stehen. Das mit Skulpturen belebte Platzinnere könn- te in das U-Bahn-Verteilergeschoss, dem eine Öff- nung zur Oberfläche sehr gut täte, herabterrassiert und großzügiger als heute an den Stadtgraben an- geschlossen werden. 

Die Fassaden der Platzwände könnten zunehmend mit bunten Leuchtreklamen bedeckt sein, der Platz hätte dann eine faszinierende Nachtwirkung, wie man sie sonst eben nur von Metropolen kennt. Ein Hauch Times-Square- oder Picadilly-Circus-Lebensge- fühl eben und ein Stück neue Lebensqualität in die- ser Stadt.

 

Hongkong, London

Bei der Gestaltung der Platzoberfläche wäre zu über- legen den "Plärrer-Automat" wiederaufzurichten und in die Platzgestaltung einzubeziehen.  (Dieser signifi- kante Bau der klassischen Moderne aus dem Jahr 1931, der erstaunlicherweise den Feldzug der Nazis gegen die Moderne ebenso wie die Luftangriffe des zweiten Weltkrieges unbeschadet überlebt hatte, wurde, heute völlig unverständlich, 1977 im Zuge des U-Bahn-Baues abgebrochen.) Rekonstruktionen und Wiederaufbauten sind zwar immer kritisch zu sehen, aber da es sich hier um ein wegweisendes, einzig- artiges und noch dazu sehr originelles Bauwerk han- delt - und in Nürnberg aus dieser Epoche nicht mehr allzuviel erhalten ist - wäre das durchaus vertretbar (zumal noch Originalteile vorhanden sein sollen). 

Plärrer-Automat

 

 

 

 

Auf der östlichen Platzerweiterung des Plärrers - zum Frauentorgraben hin - ist der Stadtgraben fast gänz- lich verschwunden. Die Fahrbahn nähert sich bis auf wenige Meter der Stadtmauer und dem Spittlertor.  Diese unbefriedigende Situation könnte - ohne Ver- lust einer einzigen Fahrspur - repariert werden.  Die nördliche Richtungsfahrbahn könnte ohne weiteres etwa  10 Meter nach Süden verschoben werden. Eine unwirtliche und verkehrsumflutete Restgrünflä-   

 

 

 

che und das leere Schotterbett der, vor fast 20 Jah- ren abgebauten Straßenbahngleise zum Frauentor- graben gäben dafür genug Fläche her. Der Stadt- graben könnte, begrünt und in angemessener Breite, wiederhergestellt werden, womit eine erhebliche Verbesserung des Stadtbildes erreicht würde. Plärrer-Ostseite, Ri.Frauentorgraben

Obstmarkt
Der Obstmarkt, war vor 1945 ein stimmiger, gut pro- portionierter Platz. Der südliche Teil, als rechteckiger Breitenplatz vom Chor der Frauenkirche geprägt, bil- dete das kleine Gegenstück zum Hauptmarkt, sozu- sagen die piazetta zur piazza, in räumlichen Zusam- menhang mit Ihm gedacht.  Im Rahmen des Wieder- aufbaues wurde ihm wenig Sorgfalt gewidmet, dies trotz zentraler Lage. Vergleicht man die Baustruktur des historischen Zustandes mit dem heutigen (siehe (Schwarzweißschemata), erkennt man schon auf den ersten Blick wie umfassend und nachhaltig diese sensible Raumfolge beim Wiederaufbau zerstört wur- de. Er wurde für die Nord-Süd-Altstadtachse - die so bereits seit rund 25 Jahren verkehrlich nicht mehr be- steht - von der Theresienstraße bis zur Museumbrücke aufgebrochen. Das Freihalten des Hauptmarktes von Verkehr wurde beim Wiederaufbau mit der städte- baulichen Zerstörung des Obstmarktes 'erkauft', der die – nach den Leitbildern dieser Zeit - unvermeid- liche Nord-Süd-Fahrt aufnehmen musste. Der 'Sach- zwang' für den Eingriff – der ungehinderte Durch- gangsverkehr durch die Altstadt – ist längst vergan- gen. Die nur verkehrstechnisch gedachte Planung, die heute noch als Relikt so daliegt, hat den kontur- los gewordenem Platz, dem heute die südliche Platzwand fehlt, der ohne jeden Halt von der There- sienstrasse bis zum Heilig-Geist-Spital herabfliest, zum Hinterhof des Hauptmarktes gemacht. Dem flüch- tigen Betrachter ist der Obstmarkt heute überhaupt nicht mehr als ein Platz erkennbar, er wird nur als, heterogen bebaute, Straße wahrgenommen. Der Chor der Frauenkirche ist viel zu klein um dem unför- migen Straßenraum optisch Halt geben zu können.

Durch adäquate Verengungen an den Enden und eine stadträumlich unterstützende Grüngestaltung, würde der indifferente Platz wieder Halt finden und könnte - wegen der Nähe zu Hauptmarkt und Fuß- gängerzone - zu einer guten Innenstadtlage entwik- kelt werden. (Viel von der verlorenen Qualität wäre ja schon zurückgewonnen, käme es irgendwann im Norden und im Süden durch neue Bebauung wieder zur räumlichen Platzschließung .....)  Zugleich könnte mit dieser Stadtreparatur die unbefriedigende Situa- tion um die Dresdner Bank verbessert werden.

 

Situation um 1935

Situation 2001

Raumeindruck heute

Reparaturvorschlag

  
© Thiel – Architekten + Stadtplaner - Nürnberg  (2001)         -  e-Mail   Diskussionsforum